Polen - Weißrussland - Russland - Finnland - Schweden - (Ostsee)


850 Jahrfeier Moskau und zurück

4 Motorradfahrer reisen durch 5 Länder

Ein Bericht von Hans Hermann Meyer und Axel Friedrichs, Fotos von Axel Friedrichs

Diese Tour war die Idee von mir (Axel).                                                                                   Durch 5 Länder (D – PL – BY – RUS – FIN – S – D) sollte die Tour führen.

Zur Verwirklichung sollten Mitfahrer gefunden werden. Auf eine Anzeige in der Aprilausgabe des TOURENFAHRER, meldeten sich ca. 10 interessierte Mitfahrer.       Bei einem Vorbereitungstreffen in München und Umgebung kamen 3 in die engere Auswahl. Das 4er-Team war mit Hans, Frank, John und Axel komplett.

Das Vorbereitungstreffen im April, führte unser 4-er Team gemeinsam in die Alpenregion. Dabei lernten wir uns gegenseitig besser kennen. Es funktionierte auf Anhieb und wir fanden einen idealen Fahrstil. Es vergingen noch einige Wochen, bis jeder sein Visum für Weißrussland und Russland erhalten hat. Des weiteren mussten noch die Unterkünfte und Fähren gebucht werden. Dann war es aber so weit, der 30. August kam und wir starteten unsere große Motorradtour in Richtung Osten.

1997_8_30_Samstag Zwischenstation Mücka

Die strategisch günstige Verteilung von Axel's Verwandtschaft in Mitteldeutschland und damit auch in Ost-Sachsen, machte Mücka zum gemeinsamen Treff- und Start-Punkt. Axel ist bereits dort, Hans aus Karlsruhe kommt gegen 19:00 Uhr in Mücka an. Wenig später ist auch John aus Franken eingetroffen. Frank ist noch in Dresden und hilft bei einem Umzug, er gesellt sich erst am Sonntag Morgen dazu.

 

1997_8_31_Sonntag Quer durch Polen

Wir saßen bereits beim Frühstück, als Frank ankam. Das Wetter war wie am Vortag: blauer Himmel soweit das Auge reicht, nur hier und da ein wenig Frühnebel in den Niederungen. Endlich ging die Reise nach Osten in Richtung Polen los. Für Hans, der noch nie in einem der fünf Länder war, die uns bevorstanden, gab es jetzt nur noch Neuland zu sehen.

Der Grenzübergang zu Polen entpuppte sich als hochmoderner Bau. Voll eingerichtet auf die Bedürfnisse der Reisenden. So gab es z.B. eine extra Spur für Fahrzeuge, die als Schrott oder Ersatzteillieferanten nach Polen eingeführt werden sollen. Wir können an der langen Schlange vorbeifahren. So dauert es nicht lange, bis wir in Polen sind.

Wir tauschen noch ein wenig Geld, um mit der Landeswährung versorgt zu sein.

 

Dann endlich fahren wir wieder. Wir benutzen eine Autobahn, die noch gebaut wurde, als dieses Gebiet noch zu Deutschland gehörte. Die Betonplatten liegen inzwischen nicht mehr plan nebeneinander, sie sind unter der Last des modernen Verkehrs leicht gekippt. So fahren wir wie über Schienenstöße: Bobopp – Bobopp – Bobopp; die kleinen Sprünge erschüttern das ganze Motorrad und machen das Fahren unangenehm. Zeitweise werden wir zu notorischen Linksfahrern und benutzen nur die Überholspur. Sie ist teilweise schon mit Asphalt geflickt.

 

Wir wollen an diesem Sonntag fast ganz Polen durchqueren, also lassen wir es zügig angehen. Aber die Verkehrsplaner von Wrocław (ehemals Breslau) haben etwas gegen so viel Eile. Anscheinend sind sie der Ansicht, Wrocław hat mehr zu bieten als eine Umgehungsstraße, auf der man zügig die Stadt umfahren kann. Besser gesagt, Wrocław hat diese Umgehungsstraße noch nicht. Also müssen wir die Stadt durchfahren.

Wir werden von einer Umgehung zur nächsten geführt. Wir bekommen keine Sehenswürdigkeiten der Stadt aber eine Menge kleiner Straßen in schlechtem Zustand und viele Kleingärten, die der provisorischen Umgehung weichen mussten zu sehen. Doch auch Wrocław ist einmal durchquert und wir kommen endlich wieder zügig voran.

 

Auf einfachen Landstraßen durchfahren wir das leicht hügelige Land und halten uns Richtung Radom. Etwa 60 km dahinter liegt unser Etappenziel, Puławy. Dort hat Axel für uns Zimmer im Hotel Izabella reserviert. Auch die Motorräder sollen wir dort im Hotel unterbringen können. Etwas, auf das wir einigen Wert legen.

 

Trotz des schönen Wetters zu Tagesbeginn holt uns am Nachmittag ein kleines Schlechtwettergebiet ein und wir legen die Regenbekleidung an. Allerdings lohnte sich das kaum, bald hört der Regen auf, uns wird viel zu warm. Also weg mit dem Zeug.
Am Abend erreichen wir Puławy und finden auch gleich das Hotel. Es ist ein Hochhaus inmitten des Orts und scheint das einzige Hotel zu sein.

Mit der Unterbringung der Motorräder allerdings gibt es Probleme. Man wusste zwar, dass wir mit westlichen Maschinen kommen. Aber mit so großen! Na gut, wir fahren keine kleinen Mopeds und haben auch einiges Gepäck dabei.

Aber so, wie sich das die Damen an der Rezeption vorgestellt haben, könnte man höchstens Mofas unterbringen. Neben der Rezeption gibt es nämlich einen abschließbaren Raum, der dafür vorgesehen war und in dem belgische Modellflieger ihre wertvollen Stücke schon untergebracht hatten. Allerdings müssten wir dorthin einen Höhenunterschied von fast einem Meter über eine Treppe überwinden, dann die Zylinder der Boxer einklappen, um durch die Türen zu kommen. Kurz und ungut: es funktioniert nicht. Bald jedoch ist ein Ausweg gefunden. Nur wenige hundert Meter entfernt gibt es eine Autowerkstatt, wo wir die Motorräder aufbewahren können. Gesagt, getan.

 

Kurz darauf können wir uns über den Komfort unserer Zimmer im 7. Stock erfreuen. Die Zimmer sind einfach gehalten und waren vor einigen Jahren bestimmt modern eingerichtet. Einzige neue Zutat ist der Fernseher, über den wir diverse polnische und einige westliche Sender empfangen können. MTV und CNN sind überall.

 

Nach der langen Tour des Tages knurrt uns allen der Magen. Bis wir aber soweit sind, gibt es im Restaurant des Hotels nichts mehr. Nachdem wir eine halbe Stunde mit der Unaufmerksamkeit des Personals und der ausschließlich auf polnisch verfügbaren Speisekarte gekämpft haben, wird uns mitgeteilt dass der Koch Feierabend gemacht hat. Also bleibt uns nichts anderes übrig als noch in der Stadt nach einem Abendessen zu suchen. Mit mäßigem Erfolg. Gute Nacht!

 

1997_9_1_Montag In Puławy

Einen Tag Pause haben wir in Puławy eingeplant. Immerhin haben wir in den letzten zwei Tagen durchschnittlich schon etwa 1500 km zurückgelegt. Also lassen wir den Tag ruhig angehen und freuen uns auf das Frühstück. Gemeinsam mit anderen Hotelbewohnern wird uns im Konferenzzimmer serviert. Für eine Konferenz mögen diese Snacks nebenbei ja ausreichen, aber ein richtiges Frühstück ist das unserer Meinung nach nicht. Also auf in den Ort.

 

Am Vortag sind wir schon auf einen Markt aufmerksam geworden, den wir heute besuchen wollen. Klar auf Märkten gibt es immer etwas zu essen. Denkste, Lebensmittel sind eher ein Nebenzweig des Handels. Viel eher bekommt man Kleidungsstücke, Haushaltsgegenstände, Musikcassetten. Doch da wir mit suchenden Augen durch die Stadt gehen, finden wir ein Restaurant im Erdgeschoss eines Hotels, das gerade nicht geöffnet ist weil es umgebaut wird. Die Bedienung ist mütterlich-hilfsbereit und arbeitet schnell. Das Essen ist in Ordnung, wir probieren landestypische Gerichte aus. Wenigstens drei von uns, denn Axel kämpft noch mit der polnischen Speisekarte. Aber letztendlich sind wir zufrieden.

 

Ein Verdauungsspaziergang tut gut und Not, also erkunden wir noch ein wenig weiter die Stadt. Es gibt so etwas wie einen Stadtpark, in dem eine landwirtschaftlich orientierte Hochschule ihr Domizil hat. Ein Schloss beherbergt die Hochschule. Innen und außen wird kräftig renoviert, der Lehrbetrieb scheint wegen der Semesterferien zu ruhen. In Ruhe können wir das Hauptgebäude und die Gärten erkunden. So weite Fußmärsche sind wir alle nicht gewohnt, also ziehen wir uns in ein Café zur Pause zurück. Es gibt leckeren Kuchen und gutes Eis. Doch nicht nur unter Zweibeinern scheint das Café einen guten Ruf zu haben. Direkt neben dem Tisch, teilweise auf ihm, sehe ich die fettesten Spatzen, die ich je gesehen habe. Einige haben beim Start Probleme, ihr Gewicht in die Luft zu bekommen.

 

Am Abend wollen wir nicht wieder das Risiko eingehen, den Koch gerade noch von hinten zu sehen. Also versuchen wir unser Glück in einer Gartenwirtschaft, die wir schon bei der Ankunft gesehen hatten. Dort bekommen wir westliche Fastfood in gewohnter Qualität. Immerhin. Allerdings ist die Verständigung mit der Bedienung nicht immer einfach und – wie ich den Eindruck habe – die Verständigungsbereitschaft zuweilen gering. Egal, das Bier ist ganz ordentlich. Ob das auch an anderen Stellen so ist, wollen wir noch ausprobieren.

 

Im Hotel haben wir uns kundig gemacht, wo denn das Nachtleben in Puławy pulsiert. Ein ausgehängter Stadtplan bietet zusätzliche Informationen. So finden wir uns am Abend noch in zwei Bars wieder. In der ersten sind wir die einzigen Gäste, mal von einigen Billard spielenden Halbwüchsigen abgesehen. Die zweite ist eine Kellerbar und auch von den Preisen her fast auf westlichem Niveau. Da uns am nächsten Tag wieder eine lange Tour bevorsteht, gehen wir bald zu Bett.

 

1997_9_2_Dienstag Von Puławy nach Minsk

Der Tag beginnt ernüchternd. Nicht, dass wir das nach dem Abend vorher gebraucht hätten. Aber Hochnebel sieht im 7. Stock nun mal nicht schön aus. Nur unten auf der Straße kann man etwa 150 m weit sehen. Nachdem wir das karge Frühstück hinter uns gebracht und die Sachen gepackt haben, müssen wir erst unsere Motorräder abholen.


Immerhin, auch kurz nach 7 Uhr ist schon jemand da, der uns die Türen öffnet. Einige Monteure zeigen lebhaftes Interesse an den Maschinen.So haben sie sicher ein Gesprächsthema für die Frühstückspause.


Kurz darauf sind wir wieder auf Achse. Da wir zum Grenzübergang Brest müssen, führt uns der Weg durch ein bewaldetes Gebiet zunächst in Richtung Norden. Bald löst sich der Hochnebel auf und der September zeigt sich von seiner Sonnenseite. Je näher wir der Hauptstraße zwischen Warschau und Brest kommen, desto dichter wird der Verkehr. Die Ortsdurchfahrten sind oft nicht darauf eingerichtet, von tausenden Kraftfahrzeugen täglich benutzt zu werden. An einer Tankstelle an der Hauptstraße müssen Frank und ich tanken. Auch John und Hans versuchen, die restlichen Zloty loszuwerden. Nur durch den Einkauf größerer Mengen Süßwaren und Straßenkarten, die eventuell brauchbar sein könnten, gelingt dies.

Am späten Vormittag erreichen wir den Grenzübergang. Er kündigt sich an durch lange Schlangen von Lastkraftwagen und nicht ganz so lange Schlangen von PKWs. Eine Spur für Motorräder gibt es nicht, also fahren wir vor. Direkt vor unserer Nase wird ein Schlagbaum zugemacht und wir befürchten schon eine ausgedehnte Mittagspause der Zollbeamten.


Doch nach kurzer Zeit können wir ein paar Meter weiterfahren und bekommen das erste „Formular“ in die Hand gedrückt. Es ist ein Zettel, etwa so groß wie jene aus den Zettelboxen die es hier überall im Schreibwarenhandel zu kaufen gibt. Dieser war jedoch aus irgendeiner Zeitschrift oder einem Magazin ausgeschnitten und hatte auf der weniger bedruckten Seite einen Stempelabdruck.


Mit Hilfe des guten Sprachführers von Axel fanden wir heraus, dass hier die Angaben für das Motorrad gefragt waren.Also Kennzeichen, Fabrikat usw. Nachdem ein Beamter die Zettel begutachtet hatte, bekamen jeder einen Stempel auf die andere Seite des „Dokuments“.


Jetzt hieß es herauszufinden, wie es weitergeht. Also zuschauen, was die anderen Reisenden machen. Mit einiger Mühe konnten wir der Reihe nach einigen Beamten, die in unterschiedlichen Uniformen auftraten, noch zwei Stempel für unsere Zettel abgewinnen. Das erschien uns genug, und als wir losfahren wollten, hielt uns niemand auf. Erst ein junger Soldat, der hundert Meter weiter in einem Schilderhäuschen stand, wollte unsere Zettel sehen und bedeutete uns, wir hätten einen Stempel zu wenig. Also fragten wir, ob wir die Motorräder stehen lassen könnten.


Ihm war es recht, etwas Abwechslung war ihm wohl willkommen. Zu Fuß wieder bei der Grenzstation angekommen, fanden wir heraus, dass noch ein Zollformular in zweifacher Ausfertigung auszufüllen war. Beispiele hingen an der Außenwand einer der Holzbuden, die als Amtsstuben dienten. Als endlich der richtige Mann für das Abstempeln der Zolldeklarationen gefunden war, wollte der natürlich die einzuführenden Motorräder sehen. Also wieder vor und die Mopeds zurückgeholt. Eine weitere Viertelstunde später hatten wir endlich unseren vierten Stempel auf unseren Zetteln und rollten los.


Noch befanden wir uns im Niemandsland zwischen Polen und Belarus. Die Brücke über den Grenzfluss Bug direkt vor uns. Frank und ich fuhren vorweg und Hans wollte nicht hintenanstehen. Beim Hochschalten vermisste Hans jedoch den gewohnten Zug auf der Kupplung, Kupplungszug gerissen! Hier! Immerhin konnte Hans John, der ihn gerade überholen wollte, noch sein Problem andeuten. Gemeinsam wechselten beide den Kupplungszug, für Hans – nach den Erfahrungen der vergangenen Touren – Ersatz mitgenommen hatte. Nach einer halben Stunde war das Gepäck wieder verstaut und die beiden fuhren über die Brücke auf die weißrussische Grenzstation zu. Dort warteten Frank und ich. Wir hatten nichts von der Panne mitbekommen und waren ratlos, was mit Hans und John passiert sei. Wir durften nicht umkehren und hatten den Sichtkontakt zu Hans und John verloren. Dumm gelaufen: die beiden mit den Russischkenntnissen auf der einen Seite der Grenze, die beiden anderen auf der anderen Seite.


Wir beide, Frank und Axel, hatten die Zeit genutzt und einige Dollar in weißrussische Rubel umgetauscht. Innerhalb von drei Tagen die dritte Währung. Mit noch viel höhere Zahlen als in Polen. Hier hieß es in Hunderttausendern zu rechnen. Für 40 US$ bekam Frank fast einen Million Weißrussische Rubel. Abgesehen davon wurden fast allen Reisenden von Einheimischen die unterschiedlichsten Dienstleistungen angeboten. Angefangen bei der Reinigung des Motorrades bis zu unterschiedlichen sexuellen Praktiken. Die Armut schlägt zu.


Kinder in zerlumpter Kleidung betteln mich um 10 Doller an. Als ich jedoch Kaugummi verteile, freuen sie sich auch darüber und geben mir sogar noch einen Teil zurück.


Nachdem wir uns aus der Traube von Menschen befreit hatten, die sich um uns gebildet hatte, konnten wir endlich weiterfahren. Den größten Teil der Tagesetappe hatten wir ja noch vor uns. Doch bevor wir auf die autobahnähnlich ausgebaute Landstraße kamen, mussten wir erst durch Brest. Eine Viertelstunde später hatten wir Brest hinter uns gelassen.


Jetzt begann die Phase der langen Geradeausfahrten. Kilometerlange Geraden, eingebettet in eine nur wenig hüglige Landschaft. Das Fahren wurde für uns zur Geduldsprobe. Außer für John, der war schon in Nordamerika und solche Straßenverläufe von dort kannte. Er mag sie sogar.


Für zeitweilige Abwechslung sorgen die vielen Baustellen und vor allem die GAI-Posten. Die GAI, das ist die Verkehrspolizei in Belarus wie auch in Russland.   An den Hauptstrecken gibt es in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen von 15 - 40 km Kontrollstellen. Da wird der Verkehr dann auf Tempo 40 herabgebremst, ein Posten steht dort vor der Wachstation, begutachtet das Ganze und weiter geht es. Von Zeit zu Zeit deutet der Posten mit seinem Stock auf ein Auto und der Fahrer stoppt das Fahrzeug. Verkehrskontrolle auf weißrussisch.


Ein ungewohnter Anblick sind die vielen Menschen, die am Straßenrand sitzen. Oft haben sie einen Eimer vor sich stehen, gefüllt mit Obst oder Gemüse. Sie sitzen da und warten. Oft allein, manchmal in Gruppen. Meist ist es eine ältere Frau, die auf Kunden für ihre Äpfel oder Kartoffeln wartet. Ab und zu hocken auch Kinder am Straßenrand. Selten sieht man eines der Fahrzeuge anhalten. Oft frage ich mich, woher diese Menschen kommen. Siedlungen oder Häuser sind nur wenige zu sehen an dieser Hauptstraße.


Gegen 19 Uhr erreichen wir die Außenbereiche von Minsk. Außenbezirke sind nicht das erste, was wir von der Stadt sehen. Zuerst kommt ein Monument. 

Es ist Ortsschild und Denkmal zugleich. Minsk ist, wie Brest, Moskau und St. Petersburg, eine Heldenstadt.


Dieser Titel wurde nach dem Großen Vaterländischen Krieg an einige Städte vergeben, die erfolgreich gegen die nazi-deutsche Invassion gekämpft haben. Gleich nach dem Monument kommt wieder eine GAI-Station. Dann geht es in die Stadt hinunter.

Nach einigen Kilometern im dichten Verkehr kommen wir in das Stadtzentrum und finden gleich unser Hotel „Yubilenia“.


Leicht erstaunt (und ein wenig verärgert, nicht die einzigen Deutschen zu sein) registrieren wir die beiden deutschen Reisebusse, die neben dem Haupteingang stehen. Das Einchecken verläuft problemlos, wir bekommen wieder Zimmer im 7. Stock. Eine freundliche Deschurnaja weist uns die Zimmer zu. Eine Deschurnaja ist eine Art Hausdame oder Hausmeister für eine Etage des Hotels. Sie kümmert sich um die Bedürfnisse der Gäste und ist der erste Ansprechpartner bei Problemen.


Es dauert eine ganze Weile bis wir in dem lebhaften Hotel unser ganzes Gepäck auf den Zimmern haben.

Dann müssen noch die Motorräder versorgt werden. Direkt hinter dem Hotel findet sich ein bewachter Parkplatz.


Für relativ wenig Geld – etwa drei bis vier Mark am Tag – werden die Maschinen hier von einem Wächter und einem Hund bewacht. Unsere Motorräder stehen direkt neben der Hundehütte, was später auch zu riechen ist.


Nach 700 km und fast 12 Stunden auf der Straße freuen wir uns auf die Dusche und dann auf eine gute Mahlzeit. Die Duschen sind in Ordnung, wie auch die Zimmer an sich. Alles ist mit sehr viel dunklem Holz verkleidet, alles im robusten 60er-Jahre-Stil.


Mit der Mahlzeit sind wir aus Polen ja schon vorgewarnt. Doch hier ist alles noch etwas anders. Der Speisesaal ist halb gefüllt, wir finden einen freien Tisch kurz vor der Tanzfläche. Tanzfläche? Klar, ist der Saal doch auch gleichzeitig der Tanzsalon. Es ist eine kleine Bühne und Musik wird auch geduldet. Sogar Live und viel zu laut. Die Bedienung braucht einige Zeit, sich an die neue Situation zu gewöhnen, neue Gäste kommen wohl nicht so häufig vor. Irgendwie schaffen wir es, ihre Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen und bekommen die Speisekarte. Wir haben Hunger. Später bekommen wir auch etwas zu essen.


Nach der Mahlzeit und der Zahlung von fast einer halben Million, verlassen wir das Restaurant. Inzwischen wird zur Musik gesungen und getanzt. Wir gehen in die Bar, wo es deutlich ruhiger ist. Dort bekommen wir für den Tageslohn eines Einheimischen ein Bier und können zusehen, wie unverhältnismäßig viele junge Frauen allein in die Bar kommen, nie etwas bestellen, und wieder verschwinden. Allein oder mit Männern, die vorher allein da saßen. Wir haben inzwischen Kontakt zu den Fahrern der deutschen Reisebusse bekommen, sie saßen neben uns. Beide sind nicht das erste Mal hier und kennen die Verhältnisse. Für den Betrag fast eines Monatslohns belarussischer Arbeiter stehen die Damen eine Nacht zur Verfügung. Das erinnert uns an die Frauen und Kinder an der Grenze früher am Tag. Die Armut schlägt zu, hier auf einem eleganteren Niveau.

 

1997_9_3_Mittwoch Eindrücke von Minsk

Der neue Tag begrüßt uns mit strahlendem Sonnenschein. Es ist nicht wirklich warm, aber in der Sonne annehmbar. Beim Gang durch die Straßen versuchen wir zunächst die Infrastruktur zu erkunden. Wir suchen nach einer Bank oder Geldwechselstelle. John und Hans hatten ja noch nicht die Möglichkeit, sich mit der Landeswährung zu versorgen. Auch werden ab und zu die Preise in Dollar angegeben, Rubel, und zwar weißrussische, sind die gängige Währung.


Am Nachbar-Hochhaus des Hotels beobachten wir die gefährliche Art der Fassadenrenovierung. Arbeiter sitzen auf schmalen Brettern, die an Seilen vom Dach herab gelassen werden. Sie bessern den Putz aus und flicken Risse. Das nötige Material wird ihnen im Eimer herabgelassen. Weder die Männer noch ihre Werkzeuge sind irgendwie gesichert.

Wir sehen uns ein wenig in der Innenstadt und einer Grünanlage um. Dort begegnen wir einigen Dutzend Soldaten, die mit freiem Oberkörper ihre körperliche Fitness trainieren und einigen Kunststudenten, die Zeichnungen von der Parklandschaft und den umgebenden Häusern anfertigen. Etwas weiter treffen wir auf das Dynamo-Stadion.


Rings um das Stadion findet ein Markt statt, während der Innenraum für eventuell zu bestreitende Europapokalspiele hergerichtet wird. Märkte wie dieser stehen in direkter Konkurrenz zum zentralen Kaufhaus der Stadt. Das Kaufhaus kommt dabei nicht gut weg. Auslagen und Dekorationen wie in den fünfziger Jahren lassen die angebotene Mode deplatziert erscheinen. Immerhin kostet es keinen Eintritt wie der Markt vorher, dort wurden 3.000 weißrussische Rubel pro Person fällig.


Da wir langsam Hunger bekommen, sehen wir uns nach Restaurants um. Bald wissen wir, dass es schwierig wird, eines zu finden. Nirgendwo auch nur ein Zeichen, welches ein Restaurant ankündigt. Wir fragen Passanten, sie weisen uns den Weg in Richtung Hauptbahnhof. Dort finden wir auch etwas, aber weder Preis noch Angebot finden unseren ungeteilten Zuspruch. Immerhin konnten wir unterwegs Geld tauschen. 

Also ziehen wir uns auf das Notprogramm zurück: Nicht weit vom Hotel sind wir bei einem MacDonalds vorbeigekommen. Als wir dann drin sitzen und unsere Burger und Fritten verzehren – die auch in Minsk die gewohnte Qualität haben – wundern wir uns über die anderen Gäste. Wie bei uns ist das Publikum ein recht junges, also Menschen eher unter zwanzig Jahre. Wir fragen uns, wo diese Kids das Geld her haben, um hier zu essen. Jede „Mahlzeit“ macht etwa einen Tageslohn aus. Sind das die Kinder der Neureichen? Den Sachen, die sie tragen, nach zu urteilen: ja! Fast durchweg sehen wir die vertrauten Markennamen westlicher Herkunft.


Die Häuser der Stadt stehen dagegen im Kontrast. Viele sind in schlechtem Zustand. Wir können die meisten nur von außen sehen, der Blick in einen Hausflur oder auf einen Hinterhof bleibt die Ausnahme. So etwas haben die Älteren von uns ihre früheste Kindheit in Erinnerung. Die eine Kirche in der Innenstadt hingegen ist in sehr gutem Zustand, Hier blitzt und blinkt alles, die Wände haben keine Risse, die weiße Farbe der Fassade leuchtet wie frisch aufgetragen. Wie wir es nicht anders erwarteten, halten sich viele alte Frauen in und vor der Kirche auf. Doch es ist nicht geistlicher Beistand, den sie hier suchen. Ihre Anwesenheit gilt dem puren Überleben. Fast alle Touristen kommen zu dieser Kirche, hier sind die Chancen am größten, ein paar Rubel zu ergattern. Die Frauen haben sie offenbar nötig. Selbst 100- und 200-weißrussische Rubel-Noten begrüßen sie wie den rettenden Strohhalm. Eine DM entsprach damals etwa 13.500 weißrussische Rubel.


Später kümmern wir uns ein wenig um die Motorräder und unternehmen eine kleine Tour durch die Stadt. Vor der Fahrt nach Moskau am kommenden Tag wollen wir auch noch tanken. Aufgrund der Erfahrungen des vergangenen Abends wollen wir heute versuchen, unser Abendessen im Nachbarhotel „Planeta“ zu bekommen. Wir sind angenehm überrascht, als wir das Restaurant betreten. Ein angenehmes Ambiente und ausnahmsweise leise Musik lassen eine entspannte Stimmung aufkommen. Das Essen und der Service sind gut. Dabei ist es nicht teurer als in „unserem“ Hotel, alles zusammen bezahlen wir 617.700 weißrussische Rubel.


Wir gehen noch einmal die einfache Planung für den kommenden Tag durch: Früh aufstehen, frühstücken, die Sachen auf die Motorräder, nichts wie raus aus der Stadt und dann immer Richtung Moskau. Die plötzliche „Nähe“ Moskaus verursacht ein komisches Gefühl in uns. Erst vor vier Tagen sind wir von Daheim abgefahren und morgen sollen wir in Moskau sein! Wir können es noch nicht so richtig glauben.

1997_9_4_Donnerstag Von Minsk nach Moskau

Trotzdem wir erst so kurz zusammen unterwegs sind, bildet sich schon Routine heraus. Wir sind alle nicht das erste Mal unterwegs, das macht sich bemerkbar. So ist der Ablauf am Morgen des Donnerstags ohne große Worte der, den wir am Vorabend besprachen. Wir freuen uns, wieder unterwegs zu sein. Allein die Kälte stört. Es ist Anfang September und die Sonne scheint, aber die Temperaturen bewegen sich nur wenig über dem Gefrierpunkt. Erst mit der steigenden Sonne kommen die Temperaturen in den angenehmen Bereich.


Heute steht uns noch ein Grenzübergang bevor, von dem wir nicht wissen, wie er ablaufen wird. Gerüchte sagen, dass die weißrussischen Zöllner praktisch die Formalitäten schon für Russland mit erledigt hätten.

Doch bis dahin sind es etwa 250 km und ein Tankstopp. Den machen wir wenige Kilometer vor der Grenze in einem kleinen Dorf bei Orsa. Dazu müssen wir die Hauptstraße verlassen.


Die Straße, die durch das Dorf führt, ist korrekter als festgefahrener Sandweg zu bezeichnen. Nachdem wir die Tankstelle gefunden haben und unsere Motorräder bei den Zapfsäulen aufgebaut haben, sind wir in Windeseile von einer Traube Kinder umringt. Ein weiteres Mal – und hier für uns vier am eindrucksvollsten – werden wir mit der herrschenden Armut konfrontiert. Die Gesichter der Kinder, ihr Verhalten und ihre Bekleidung erinnern uns an Bilder, die wir bisher nur aus dem Fernsehen kannten. Das Dorf, die Behausungen, die Kinder – hätten die Menschen hier nur dunkle Hautfarbe, wir wähnten uns in Zentralafrika.


Eine halbe Stunde später sind wir an der Grenze. Hier werden unsere Papiere zwar nochmals geprüft, aber es sind keine Formalitäten mehr abzuwickeln. Darauf scheint die Grenzstation auch gar nicht eingerichtet zu sein, sie sieht eher aus wie eine provisorisch umfunktionierte Tankstelle. Egal, wir haben die Grenze hinter uns. Jetzt gibt es bis zum Pazifik keine Grenze mehr! Nächste Haltestelle Alaska...

Bei einem weiteren kurzen Zwischenstopp nutzt Axel noch die Gelegenheit und verteilt Solartaschenrechner an Kinder.


Die Strecke ist sehr ähnlich jener, die wir auf dem Weg nach Minsk zurückgelegt haben. Endlos lange Geraden, häufig durch bewaldete Gebiete. Ab und an wieder Menschen, die am Straßenrand ihre Äpfel verkaufen wollen. Die Anzahl der Baustellen ist beeindruckend, der Zustand der Straße gut. Wir kommen zügig voran, auch in den Baustellen können wir unseren Schnitt hochhalten. Hinter Smolensk wird die Landschaft ein wenig abwechslungsreicher. Hier beginnt eine Hügellandschaft, es wird spannend zu sehen, was hinter der nächsten Kuppe wartet. Irgendwann benötigen die Maschinen von Axel und Frank Treibstoff. Ohne große Probleme finden wir die auf der Karte eingezeichnete Tankstelle. Während die anderen tanken, kommt Hans mit einem Soldaten oder Milizionär – man kann das nicht so richtig auseinanderhalten – in`s Gespräch. Er ist für die Sicherheit der Tankstelle zuständig.


Nur anhand der zurückgelegten Kilometer kann man sagen, dass Moskau immer näher rückt. Anders als in Westeuropa hat diese Stadt keinen Speckgürtel, sie kündigt sich nicht an. Wir fahren auf der frisch asphaltierten Hauptstraße und der Verkehr wird etwas dichter. Auf einmal ist sie da, diese Riesenstadt. Von einer Sekunde auf die andere stehen wir im Stau, wie wir noch keinen erlebt haben. Unsere Straße trifft auf die Ringautobahn, die Moskau umspannt und gleichzeitig die Stadtgrenze bildet. An dieser Kreuzung wird gearbeitet. Wechselweise wird der Verkehr stadtauswärts über 4 bis 6, stadteinwärts über 2 bis 4 Spuren geführt. Mit der nötigen Portion Frechheit und viel Umsicht schlängeln wir uns durch die Blechlawine.


Kurz hinter dem Stau machen wir halt, um das obligatorische Foto zu schießen.


Wir sind jetzt zwar in Moskau, aber noch nicht im Hotel. Da wir wegen des Staus und mangels Beschilderung nicht genau wissen, wo wir sind, folgen wir der großen Straße stadteinwärts und kommen fast in das Zentrum. Auf den Wiesen an der Straße können wir schon Heißluftballons sehen, die das Wochenende über fahren werden. Die Straßen sind geschmückt und alles sieht recht ordentlich aus. Nur wissen wir noch nicht so richtig, wo es zum Hotel geht. Als wir irgendwann anhalten und die Stadtpläne hernehmen, stellen wir fest, dass wir vor dem Kiewer Bahnhof stehen. Also müssen wir nur noch 15 km quer durch die Stadt. Nach dieser Standortbestimmung und immer mit der Lomonossow-Universität im Blick fällt die Orientierung nicht mehr schwer, nur die Beschilderung mit einigen Abbiegeverboten macht eine kreative Auslegung der Verkehrsregeln nötig. Gegen 20 Uhr stehen wir endlich vor dem Eingang des Hotels. Ein riesiger Bau mit vielen Stockwerken.

Das Einchecken gestaltet sich als unerwartet schwierig. Erst nach einigem Verhandeln und Interventionen werden unsere per Fax bestätigten Buchungen akzeptiert.Unerwartet erhalten wir sogar einen etwas günstigeren Zimmerpreis. Nachdem wir jetzt zweimal im 7. Stock untergebracht waren,landen wir diesmal im 27. Stock. Sofort schlägt jedoch die Heimtücke der russischen Architekten zu. Nicht jeder Aufzug bedient jedes Stockwerk. Wir landen prompt ein Stockwerk zu hoch und schleifen unser Gepäck über die Nottreppe in die richtige Etage. Dort begrüßt uns wieder eine Deschurnaja, die sich über die Abwechslung zu freuen scheint. Immer nur TV und stricken füllt sie wohl nicht aus. Sie weist uns die Zimmer zu.


Doch das Chaos, das uns unten an der Rezeption fast eine Stunde kostete, geht weiter. Die Tür des Zimmers, das Hans und John sich teilen, schließt nicht mehr. Während Hans die nächste Fahrt zu seinem Gepäck machte, kann John schon ein anderes Zimmer aussuchen.Schließlich versorgen wir noch die Motorräder. Wie in Minsk, gibt es auch hier einen bewachten Parkplatz hinter dem Hotel. Nachdem sich die Aufregung gelegt hat und wir alle müde und frisch geduscht im Restaurant des Hotels sitzen, kommt langsam die Erkenntnis, den ersten Teil der Reise erfolgreich geschafft zu haben.

1997_9_5_Freitag Moskau, die große Stadt

Nachdem das Abendessen nicht gerade eine kulinarische Offenbarung war, hoffen wir auf die magische Kraft eines guten Frühstück. Im Restaurant angekommen, geben wir unsere Gutscheine ab und werden platziert. Daran, dass bei allem, was mit Service zu tun hat, Geduld gefordert ist, haben wir uns inzwischen gewöhnt. So können wir die Zeit nutzen und die anderen Gäste beobachten. Nur wenigen scheint das angebotene Frühstück der Start in einen guten Tag zu verheißen. Der auf dem Tisch stehende Wackelpudding würde vermutlich auch Anwalt Liebling zu künstlich schmecken. Immerhin, schön bunt ist er.


Nach der ersten Mahlzeit des Tages wollen wir in die Stadt. Einige hundert Meter vom Hotel entfernt befindet sich die Endstation einer Metro-Linie. „Jugo-Zapadnaja“. Dort angekommen, kaufen wir uns eine 20er-Karte. Die Einheimischen verwenden eher Dauerkarten oder Jetons. In den unterirdischen Gängen herrscht ein reges Treiben. Viele fliegende Händler haben hier ihren kleinen Laden, oft nur ein Tischchen. Angeboten wird alles, von Armbanduhren bis Lotterielosen. Eine halbe Stunde später sind wir in der Innenstadt. Am Manegenplatz verlassen wir die Unterwelt und geraten in einen riesigen Trubel. Es geht zu wie auf einem Rummel. Auf einer großen Videoleinwand wird der Trailer von „Men in Black“ gezeigt, natürlich russisch synchronisiert.

Wir lassen uns mit der Menge treiben und landen vor dem Roten Platz. Der ist abgesperrt.

Auf dem Platz sind Bühnen und Tribühnen für die Feierlichkeiten aufgebaut worden.

Da wir ohnehin vor dem GUM stehen, gehen wir kurzerhand hinein.Uns erwartet eine neue Kaufhauserfahrung. Das Konzept dieses Konsumtempels ist eher mit den amerikanischen Shopping-Malls als mit den bei uns bekannten Kaufhäusern verwandt. Hier gibt es viele kleine Läden, die eben nur das Dach gemeinsam haben. Einige sind Ableger von Ketten aus Westeuropa.

 

Im GUM gibt es Filialen der – auch für westliche Verhältnisse – teuersten Geschäfte. Und in jedem Laden ist was los. Die Geschäfte scheinen gut zu gehen. Auch die der Sicherheitsdienste. An fast jeder Ecke und an vielen Türen stehen Männer von privaten Sicherheitsdiensten oder Miliz. Wir fragen uns, ob das jetzt nur wegen der Feierlichkeiten so ist.

Auf der Suche nach einem Mittagessen haben wir das schon bekannte Problem: Imbisse oder kleine Restaurants gibt es kaum. Nach einigem Suchen finden wir ein „Russisches Bistro“. Eigentlich ein seltsames Konstrukt, rein sprachlich gesehen. Bei uns wird ein Bistro immer mit französischer Gastlichkeit verbunden. Dabei ist „Bistro“ ein russisches Wort und bedeutet einfach nur schnell. Russische Handelsleute haben es in Frankreich eingeführt, als ihnen die Bedienung zu langsam war. Wir versuchen uns also in einem solchen Restaurant. Nach kurzem Anstehen kommt der große Augenblick. Mit Händen und Füßen sowie einigen russischen Vokabeln für ja, nein, bitte, danke gelingt es uns allen, etwas zu bekommen. Es gibt unterschiedliche Teigtaschen mit verschiedenen Füllungen. Einige sind pikant mit Fleisch gefüllt, andere gingen bei uns eher als Plundergebäck durch. Als Getränk versuchen wir alle Kwas, ein Trank aus vergorenem Brot. Es schmeckt leicht säuerlich und hat ein wenig Kohlensäure. Einer seiner Vorzüge soll es sein, den Durst zu löschen. Na ja, einen zweiten Becher holt sich keiner von uns.


Langsam zieht es uns wieder Richtung Hotel, die lange Fahrt vom Vortag steckt uns noch in den Knochen. Nahe bei „unserer“ Metro-Station gibt es eine Markthalle, dort wollen wir noch einkaufen. Für den Russland-Neuling kommt hier die nächste Lektion für's Überleben. Einkaufen funktioniert hier genauso wie schon unterwegs das Tanken: Man sucht sich aus, was man kaufen möchte. Dann geht man zur Kasse und bezahlt das Gewünschte. Mit dem Kassenzettel kehrt man an die Verkaufstheke zurück, legt den Zettel vor und sagt nochmals, was man bezahlt hat. Ist die Ware dann noch verfügbar, bekommt man sie. Sollte die Ware inzwischen ausverkauft sein, bekommt man eine Gutschrift an der Kasse. Ganz einfach, eigentlich. Schwierig nur, dass man nicht durch die Regale gehen kann, alles Gewünschte in einen Wagen legt und an der Kasse bezahlt. Erst muss man der Verkäuferin klarmachen, was man will. Also mit Händen, Füßen und einigen Vokabeln aus dem Reisewörterbuch. Dann muss man noch die richtige Kasse finden (es gibt mehrere), die mit dem Geschäft der Verkäuferin zusammenarbeitet.

Immerhin kann sich die Verkäuferin nach einigen Minuten noch an den seltsamen Westler erinnern und rückt die Ware ohne neue Erklärung heraus. So schafft Hans es, unfallfrei Beuteltee und Brot zu kaufen.

Wir anderen drei hatten uns unterdessen an anderen Theken angestellt, so dass wir jetzt alles zusammenhaben, um auf dem Zimmer ein akzeptables Abendbrot abhalten zu können.

 

Während der Mahlzeit erleben wir noch live im Fernsehen die Eröffnung der 850-Jahrfeier Moskaus, die auf dem Roten Platz stattfindet. Hans, Frank und Axel beschließen, am nächsten Tag zu dem großen Konzert vor der Lomonosow-Universität zu gehen.

1997_9_6_Samstag 850 Jahre Moskau

Jetzt geht es los. Wir wollen natürlich die Sehenswürdigkeiten der Stadt abklappern. Gestärkt durch das Erfolgserlebnis, ein Frühstück errungen zu haben, fühlen wir uns fit genug, es mit allen Widrigkeiten der Metropole aufzunehmen. John hat eigene Pläne, er will eine Bekannte treffen. Hans, Frank und Axel wollen zur Allunionsaustellung. Früher wurden hier im Freiland und in vielen Pavillons die Erungenschaften der Sowjetunion dargestellt. Gleichzeitig hat die Ausstellung im Nordosten der Stadt den Status eines Freizeitparks. Es gibt ein Riesenrad und diverse andere Fahrgeschäfte.


Axel ist nicht zum ersten Mal auf der VDNCh, wie die Ausstellung abgekürzt genannt wird. Seitdem hat sich einiges verändert. Der Charakter der Kultureinrichtung ist fast völlig einer Supermarktstimmung gewichen. Viele Menschen verlassen das Gelände mit Kartons voller Unterhaltungselektronik. Es ist wie auf einem großen Basar. Entlang der Wege sind Verkaufsbuden aufgebaut. Einige Hallen sind ähnlich wie das GUM in einzelnen Geschäfte unterteilt. Die Allunionsaustellung ist zu einem riesigen Supermarkt geworden.


Nach einiger Zeit haben wir genug davon, die angebotenen Waren und Preise mit unserem Angebot daheim zu vergleichen.

Immer in Sichtweite, doch oft versteckt hinter Hochhäusern, steht das nächste Objekt unserer Begierden, der Fernsehturm von Ostankino. Mit einer Höhe von 540 Metern war er eine Zeit lang das höchste Gebäude der Welt. So hoch hinaus kommt der normale Tourist zwar nicht, aber immerhin kann man zur Aussichtsplattform auf 337 Meter Höhe auffahren. Doch vor der Himmelfahrt kommen bekanntlich die Leiden. Und das bedeutet in Russland: die russische Bürokratie. Unbedarft versuchen wir einfach, Eintrittskarten zu erwerben. Nachdem wir den gar nicht so reichlich strömenden Massen gefolgt sind, stehen wir zwar an der Eingangskontrolle, aber Karten bekommen wir nur im Nachbargebäude.


An der Kasse kommt das erste echte Problem. Hier darf zwar jeder auf den Turm,aber man will schon wissen, wer da hochfährt. Und dazu will man den Pass sehen. Unsere Pässe liegen aber im Hotelsafe. Hoffen wir. Wir haben ja nur diesen kleinen Hotelausweis. Aber da ist kein Bild drauf, den kann jeder vorzeigen. Stimmt, nur sind wir ja nicht jeder. Und – waren hier noch nie ausländische Touristen auf dem Turm? Während Frank noch verhandelt, sieht Hans auf etwa 10 der 50 ausgestellten Fernseher die Beerdigung von Lady Diana.


Nach einigem Hin und Her stehen wir im Büro einer Frau, die anscheinend etwas zu sagen hat. Sie erkennt das Problem, nimmt sich einen Zettel von ihrem Schreibtisch. Auf seiner Rückseite notiert sie etwas, das uns innerhalb von zwei Minuten (incl. Anstehen an der Kasse) zu Eintrittskarten verhilft. Die Bürokratie funktioniert! Auf den nett gemachten Eintrittskarte steht übrigens noch 2 Rubel als Preis. Gezahlt haben wir ein vielfaches davon. Nachdem wir noch unsere Rucksäcke und Taschen abgegeben haben, dürfen wir wieder zur Eingangskontrolle am Fuß des Turms. Dort müssen wir noch durch eine Induktionsschleuse. Nicht, dass noch einer seine Lieblingskalaschnikow mitnimmt. (Einschub: Auf die Sicherheit des Fernsehturms wird traditionell großen Wert gelegt. Während des Umsturzversuches vor einigen Jahren stand hier ein ganzes Bataillon zu seinem Schutz. Wer von diesem Turm aus senden kann, hat fast alle Medien des Landes in der Hand.)


Dann können wir den Aufzug betreten und sind in weniger als einer Minute auf 337 m. Jetzt können wir die Allunionsausstellung von oben sehen. Klein sieht nun das Riesenrad da unten aus. Es ist dunstig, deshalb ist die Fernsicht nicht so gut. Doch die markantesten Gebäude der Stadt können wir erkennen. Nach einem kurzen Blick in das sich drehende Restaurant verlassen wir die Plattform wieder.

 

Wieder auf der Straße angekommen, lernen wir wieder etwas für's Leben. An vielen Kreuzungen stehen Milizionäre und regeln den Verkehr. An einer Kreuzung fällt uns eine Art Schaltkasten auf, dessen Klappe offen steht. Wie wir erkennen, lassen sich die Ampeln von hier manuell schalten. Kommt also mal wieder ein Korso mit schnellen schwarzen Autos westlicher Bauart (Wolgas fahren nur noch niedere Beamte oder Privatleute), werden die Ampeln entsprechend geschaltet. Einige Straßen haben für diese Fahrzeuge sogar eine eigene Spur in der Mitte zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen.

 

Nach kurzem Fußweg entlang trister Hochhäuser kommen wir wieder an der Metro-Station VDNCh an.

 

Sehr interessant ist auch die Verdrahtung der Straßenbeleuchtung.

 

Hier befindet sich, im Sockel des Denkmals das Museum für Kosmonautik, das an den Start des ersten Sputniks erinnert. Der Eintritt ist frei und wir kommen gerade rechtzeitig für eine Multivisionsvorstellung. Da sie nur mit (Sphären-)Musik untermalt ist, gibt es auch keine Probleme, etwas nicht zu verstehen. Der Rundgang durch den Saal findet im Dämmerlicht statt. Es werden verschiedene Typen sowjetischer Raumkapseln und Satelliten gezeigt. Auch ein 1:1 Modell des Lunochod kann bewundert werden. Weiterhin sind Raumanzüge und sonstiges Zubehör ausgestellt.


Da wir drei an diesem Abend noch etwas vorhaben, machen wir uns auf den Rückweg zum Hotel. Wir wollen uns vor dem Konzert am Abend noch stärken und ein paar andere Sachen anziehen. Den ganzen Tag über war es sommerlich warm, für die Nacht erwarten wir deutlich niedrigere Temperaturen.


Ein paar Stunden später stehen wir dann bereit. Im Fernsehen wurde schon im Vorfeld von dem Konzert berichtet. Jean Michel Jarre wird Musik machen und es wird eine Lasershow geben. In der Metro ist die Hölle los. Die ganze Stadt will offensichtlich das Konzert sehen. Um die Menschenströme kontrolliert leiten zu können, ist auch noch die Metrostation „Universität“ geschlossen worden. Also müssen wir weiter fahren – bis „Sportivnaja“ – und landen nördlich der Moskwa.


Die Orientierung fällt nicht schwer, einfach treiben lassen. Es ist wirklich unglaublich, wie viele Menschen unterwegs sind. Doch nach einigen hundert Metern geht es nicht mehr recht voran. Einige versuchen, über die Zäune in den Sportpark einzudringen, um das Konzert über den Fluss hinweg sehen zu können. Die meisten haben keinen Erfolg, die Sicherheitskräfte sind aufmerksam. Es sind viele Sicherheitskräfte. Uns wird langsam mulmig bei dem Gefühl, dass diese Menschenmenge außer Kontrolle geraten könnte. Etwas Später ist dann endgültig Schluss. Wir stehen kurz vor einer Brücke über die Moskwa und kommen nicht weiter. Also bleiben wir erst mal auf der Kreuzung stehen und sehen uns um. Der Wind treibt uns ein paar Tonfetzen herüber, während wir uns orientieren.


Wir erkennen, dass die Straße eigentlich für den Verkehr freigegeben ist und die Polizei versucht, einige Busse und PKW's über die Brücke durch die Menschen zu schleusen. Rings um uns werden die Straßen geräumt. Plötzlich stehen nur noch ganz wenige Menschen auf der Kreuzung: ein Polizist in seinem Lada, ein Offizier und sein Funker und wir drei. Endlich Platz! Die Fahrzeuge kommen ganz langsam auf uns zu und wir verabschieden uns von der Idee, noch etwas von dem Konzert mitzubekommen. Die Kreuzung ist auch kein guter Ort für den dauernden Aufenthalt, also wollen wir versuchen, irgendwo noch einzukehren und dann ins Hotel zurückzukommen.


Ein nahegelegener Bahndamm ist zur Aussichtsplattform für Hunderte geworden und wir schließen uns an. Immerhin kann man ein wenig von der Lasershow sehen. Es werden Bilder auf das Gebäude der Lomonossow-Universität projiziert, das ist auch aus dieser Entfernung noch recht eindrucksvoll. Zu jedem Musikstück gibt es außerdem noch ein passendes Feuerwerk. Nach einer halben Stunde wird es recht anstrengend, sich immer um einen guten Stehplatz rangeln zu müssen. Wir folgen den Schienen und kommen auf eine Brücke. Der Brückenbogen ist bunt vor Menschen, die dort oben versuchen, etwas von der Veranstaltung mitzubekommen. Auch wir klettern kurz hoch, werden wie die anderen aber von Bahnarbeitern weggescheucht.


Wir gehen weiter Richtung Gagarin-Platz. Der liegt direkt auf dem Lenin Prospekt, also an der Straße, wo unser Hotel liegt. Und es gibt dort eine Metrostation. Allerdings sind wir nicht die einzigen, die wieder nach Hause wollen. Tausende andere haben die gleiche Idee. Auch die Metrostation „Leninskij Prospekt“ ist geschlossen. Milizionäre bewachen die Eingänge und lassen jeweils nur eine Handvoll Menschen passieren. Mehrmals queren wir die Linien der Sicherheitskräfte.


Mit der Metro noch ins Hotel zu kommen, scheint uns aussichtslos. Also gehen wir einfach den Prospekt weiter Richtung Süden. Irgendwann muss dann das Hotel auf der rechten Seite erscheinen.


Auf der Straße, genauer auf den Fahrbahnen geht nichts mehr. Es sieht aus wie in einer Autobahnbaustelle in der Ferienzeit. Stoßstange an Stoßstange stehen die Fahrzeuge. Jugendliche beginnen, auf die überfüllten Busse zu klettern. Hier fahren Oberleitungsbusse, also ist das nicht ganz ungefährlich. Einige Autofahrer, die aus den Hofeinfahrten kommen, versuchen den Stau auf den breiten Bürgersteigen zu umgehen. Ohne Erfolg. Die Menschenmenge ist so dicht, dass kein Fahrzeug mehr durchkommt. Auch einige Motorradfahrer geben genervt auf. Beim Blick auf die Fahrbahn erkennen wir immer wieder die gleichen Fahrzeuge neben uns. Also sind wir gleich schnell. Sicherheitskräfte stehen ohnmächtig auf Kreuzungen. Hier hilft auch keine Sirenen und zuckende Lichter, hier herrscht Chaos. Doch alles ist friedlich. Es gibt keine Ausschreitungen, keine Unfälle bis auf ein paar angedellte Stoßstangen, doch das ist hier normal. Unsere Spannung löst sich. Jetzt kommt die Stimmung einer Nachtwanderung auf. Viele Kioskbesitzer haben die Gunst der Stunde erkannt und ihre Buden geöffnet. Es ist schwierig, etwas zu trinken zu bekommen. Irgendwann haben wir dann jeder eine Flasche Bier in der Hand und setzen uns in einem kleinen Park auf eine Bank.


Es stimmt, alle Menschen ringsum sind friedlich, keiner randaliert – obwohl einige beim Bier kaufen deutlich erfolgreicher waren als wir. Uns schmerzen die Füße. Gut, dass es wenigstens nicht kalt ist und es nicht regnet. Wir gehen weiter, wieder mit der gleichen Geschwindigkeit wie die Busse neben uns. Und so geht das noch, bis das Hotel in Sichtweite kommt. Erschöpft fallen wir ins Bett, noch ganz aufgedreht von den Erlebnissen des Abends. Beeindruckt hat mich besonders der friedliche Ablauf des Ganzen. Das auch am nächsten Tag von einem Sprecher der Sicherheitskräfte bestätigt. Man geht davon aus, dass ca. 3,5 Millionen Menschen unterwegs waren, um das Konzert zu sehen. Wir waren dabei. Allerdings ärgern wir uns, dass wir keinen Fotoapparat dabei hatten. Da waren wir einfach zu vorsichtig. Ab jetzt gilt: nie ohne Kamera.

1997_9_7_Sonntag Moskau

Während Hans, Frank und Axel am vergangenen Nachmittag in der Stadt waren, hat sich John mit einer Bekannten getroffen und ein Treffen für den Sonntag vereinbart. Gemeinsam mit einer Freundin (Natascha) der Bekannten (Marina) wollen wir eine Flussfahrt auf der Moskwa unternehmen. Marina arbeitet für eine deutsche Firma in Moskau. Sie war schon mehrmals in Deutschland und spricht gut deutsch.Natascha ist Englischlehrerin und war auch schon mehrmals in Westeuropa. Die Verständigung mit den beiden ist kein Problem.

Wir treffen uns in der Stadt und gehen gemeinsam zur Anlegestelle am Kiewer Bahnhof. Von hier geht es flussabwärts. So kommen wir an den Schauplätzen des vorigen Abends vorbei. Während wir von unseren Erlebnissen des vergangenen Abend erzählen, ziehen einige Sehenswürdigkeiten an uns vorbei. Für die 850-Jahr-Feier sind einige Bauten neu hergerichtet worden. Besonders fallen uns einige Kirchen auf. Sie sind meist weiß gestrichen und haben Türme, deren „Zwiebeln“ mit Blattgold belegt sind. Wir passieren die Südfront des Kreml. An einer Anlegestelle bei einem der großen Bauten im stalinistischen Stil verlassen wir das Boot. Auf der Uferstraße spielt sich etwas seltsames ab. Lange Kolonnen von Militärfahrzeugen mit Soldaten auf den Ladeflächen ziehen vorbei. Prompt kommt uns allen die gleiche Idee: Ein Umzug? Eine Revolte? Das wäre schon ein Ding, als Tourist so etwas zu erleben. Aber nichts davon, es ist nur ein normaler Militärkonvoi.


Uns alle überkommt Hunger und wir suchen ein Restaurant. Wir greifen voll daneben und erleben den kulinarischen Tiefpunkt der Reise. Nicht weiter darüber nachdenken. Die beiden Frauen führen uns weiter durch die Stadt. Sie haben noch vor, uns in ein besseres Lokal zu führen. Das liegt am Neuen Arbat. Der Neue Arbat ist eine breite Schneise, die in den frühen sechziger Jahren durch ein altes Viertel geschlagen wurde. Da Axel so auf „Moroschenoe“ (russisches Eis) steht, gibt es erst mal für alle ein Eis. Jetzt haben wir ja zwei Kennenrinnen dabei. Natascha und Marina zeigen sich als echte Moskoviterinnen und versorgen uns mit Fähnchen (Winkelementen) und Plakaten von der 850-Jahr-Feier. So ausstaffiert, wollen wir jetzt in ein pseudo-österreichisches Lokal.


Auf dem Bürgersteig vor der Häuserzeile stehen jede Menge Autos. Als die Straße gebaut wurde, hat man nur an schnelles Durchkommen gedacht, aber nicht daran, dass die Autos auch irgendwo abgestellt werden müssen. Ein allgemeines Problem in Moskau. Bei den hier geparkten Autos dominieren einige Typen. Zunächst fällt die hohe Anzahl an schwarzen Jeep Cherokee auf. Das ist in Moskau das übliche Leibwächterfahrzeug. Zwischen zwei solcher Wagen steht meist ein Mercedes der S-Klasse mit gehobener Ausstattung, ersatzweise ein großer Audi.

Nun ja, wir wollen nicht parken, sondern ein Bier trinken. Also rein in das Gebäude. Das Lokal befindet sich im 1. Stock. Dorthin kommt jedoch nur, wer schon in den Augen einer handvoll kräftiger, junger Männer in dunklen Anzügen für würdig befunden wurde. So richtig würdig verhalten wir uns nicht, aber wir sehen aus wie Touristen und die haben Geld. Am oberen Ende der Treppe werden wir gebeten, unsere Waffen abzugeben. Ein Tresor steht für die Aufbewahrung bereit. Nach einem Blick in unserer Rucksäcke und Taschen dürfen wir in das Lokal.


Wir finden einen freien Tisch. Nach dem Studium der Speisekarte und kurzer Kalkulation der Preise ziehen wir an einen anderen Tisch um. Erstens war der Tisch soo gut auch wieder nicht und zweitens sind nicht alle westlichen Touristen so reich wie die Kinder der russischen Schickeria, die hier verkehren. Nach einem Rundumblick stellen wir fest, wahrscheinlich die ärmsten Schlucker im Laden zu sein. Egal, das Bier ist gut und wir kommen ins Plaudern. Es wird ein amüsanter und lehrreicher Abend. Wir gewinnen erste Einblicke in russische Persönlichkeiten.


Nicht allzu spät fahren wir zurück zum Hotel. Morgen ist Montag, und unsere Begleiterinnen müssen arbeiten. Wir verabschieden uns, jedoch nicht ohne ein Treffen für den kommenden Tag zu verabreden.

1997_9_8_Montag Moskau

An diesem Tag sind wir mal alle gemeinsam unterwegs. In der Metro sehen wir einen jungen Mann, auf dessen Tasche ein Apple-Sticker klebt. Den hätten Frank und Hans auch gerne.


Wir laufen in der Stadt umher und sehen uns nochmals das GUM und umliegende Viertel an. Im GUM tauschen wir Geld. Auch das kann im Nobelkaufhaus zm Erlebnis werden. John hatte schon vorher hier getauscht, der Kurs ist ok. Also stellen Frank und Hans sich in die Schlange. Frank ist vor mir dran und tauscht. Er bekommt einen sehr guten Kurs, jedenfalls mehr als ausgeschrieben ist.


Als Hans jedoch die gleiche Menge Dollars rüberschiebt, bekommt er noch mehr Rubel zurück als Frank. Irgendwer hat sich da wohl verrechnet. Kein Wunder, dass die Wirtschaft hier nicht in Gang kommt. Oder ist das das Erfolgsgeheimnis der fliegenden Geldwechsler? Da uns die Lösung dieser Frage nicht sehr wichtig ist, gehen wir erstmal einen Kaffee trinken.

Mitten im GUM ist nach westlichem Muster ein Café eingerichtet. Hier kann man sitzen und anderen beim einkaufen zusehen. Nett.

 

Wir erkunden weiter zu Fuß die Stadt. Da wir alle inzwischen Karten geschrieben haben, machen wir uns auf die Suche nach einem Postamt. Das gestaltet sich unerwartet schwer in dieser Riesenstadt. Keiner von uns kann sich recht erinnern, ein Postamt bewusst wahrgenommen zu haben. Auch Einheimische, die Frank fragt, können uns nicht recht weiterhelfen. Nach einigem hin und her sowie mehreren Fehlversuchen finden wir ein kleines Postamt, versteckt in einem Gebäude am Neuen Arbat. Leider ist die diensthabende Schalterbeamtin mit unseren Fragen nach Briefmarken so überfordert, dass sie unverzüglich den Schalter schließt und Pause macht. Ihre Kollegin rettet uns und verkauft uns die begehrten Papierschnipsel.

 

Zur Erholung kehren wir einmal mehr in einem Russischen Bistros ein. Wie wir inzwischen wissen, sind sie vom Bürgermeister Moskaus als Gegenstück zu den vielen Fastfoodrestaurants westlicher Herkunft gedacht.

 

Am frühen Abend treffen wir uns am PUSCHKIN-Denkmal mit Marina und Natascha, die noch eine Freundin mitgebracht haben. Gemeinsam gehen wir alle in ein Restaurant im Theaterviertel essen. Das Lokal liegt im Kellergeschoss und ist nur an der Speisekarte als russisches zu erkennen. Das Angebot der gebotenen Speisen und Getränke sowie der Service finden unsere Zustimmung. Bei den Bieren gibt es eine russische Neuerscheinung. „Baltica“, ein Bier aus St. Petersburg, kommt in verschiedenen Geschmacksrichtungen. Wir probieren ein schwarzes, das passenderweise gleich im Guinness-Glas serviert wird. Ein gut gelungenes Plagiat des irischen Originals.


Es wird ein angenehmer Abend mit angeregter Unterhaltung. Am Ende zahlen wir in Dollars, was zwar nicht mehr erlaubt ist, aber von einigen Wirten geschickt geregelt wird. Sie zeichnen ihr Angebot einfach in einer alten russischen Währung aus. Die entspricht zufälligerweise dem US-Dollar 1:1.

1997_9_9_Dienstag Moskau

Nach der rituellen Frühstückszeremonie - bekommen wir welches oder nicht, wie stellen sich die Neuankömmlinge an – machen Frank und Hans sich auf den Weg in die Stadt. Hans hatte auf einem Stadtplan das Logo einer ihm bekannten Firma entdeckt. Also machen sie sich auf die Suche nach dem MacCenter Moskau. Leider war ihre Suche nicht von Erfolg gekrönt. Sie ließen sich nass regnen und fanden interessante Hinterhöfe. Aber nirgendwo konnten sie den sechsfarbigen Apfel entdecken. Frustriert fuhren sie in die Innenstadt. Vielleicht ist bei Lenin mehr los, außerdem wissen sie genau, wo der ist. Am Roten Platz angekommen, müssen wir feststellen, dass er noch immer abgesperrt ist. Am südlichen Ende wird jeder Person einzeln Zutritt gewährt. Überraschend treffen Hans und Frank auf Axel, der am Einlasspunkt steht. Aber Axel und Frank werden nicht eingelassen mit ihren Kameras. Die kleine Olympus in der Jackentasche von Hans bleibt unsichtbar. Wie anscheinend auch sein kleiner Rucksack, der ohne Probleme durchgeht. Franks größerer Rucksack muss draußen bleiben. Aber es gäbe irgendwo eine Gepäckaufbewahrung in der Nähe. Während Hans schon auf das Mausoleum zugeht, müssen Frank und Axel ihre Sachen abgeben. Nachdem sie sich durchgefragt haben, landen sie an einer Bude, die unter dem Tor zur Kreml-Besichtigung eingerichtet worden ist. Also quasi im Burggraben.


Über den fast menschenleeren Roten Platz geht Hans auf die Pyramide aus rotem und schwarzem Granit zu. Alle paar Meter stehen Posten und achten auf die Einhaltung von Verhaltensregeln, die unsereins nicht kennt. Hans traut sich nicht den Fotoapparat herauszunehmen. Ein Mann, der einfach nur stehen bleibt, wird aufgefordert weiterzugehen.


Am Eingang des Mausoleums wird die Postendichte deutlich höher. Etwa alle drei bis fünf Meter steht ein Uniformierter. Direkt vor Hans geht ein älteres Paar, das sich auf deutsch unterhält. Mehrmals werden sie ermahnt, ruhig zu sein und nicht zu sprechen. Eine etwas peinliche Situation für Hans. Wie macht er dem Posten klar, dass er nicht dazugehört?


Nach einigen Stufen befindet sich Hans dann im Allerheiligsten. Der Raum ist dunkel, nur kleine Lämpchen kennzeichnen Stufen. Der gläserne Sarkopharg steht auf einem schwarzen Sockel. Der Körper darin wird von oben mit einem eigenartig leicht rosa bis orange gefärbten Licht angestrahlt. Bei diesem Anblick bekommt der Begriff „Lichtgestalt“ endlich eine Bedeutung. Gestört wird der Moment allerdings wieder durch die anderen Touristen, die reden müssen und die Wachposten, die erstere zur Ruhe und gleichzeitig zum Weitergehen ermahnen. Trotzdem eine Erfahrung, die jeder Moskau-Tourist machen sollte.


Wieder aus der Pyramide heraus bietet sich noch die Gelegenheit, an der Kremlmauer entlangzugehen. Dort sind bekanntlich die früheren Parteiführer – außer Nikita Chrustchov – und anderer Persönlichkeiten beigesetzt. Von einigen gibt es nur eine Tafel mit ihrem Namen und Lebensdaten. Die Parteichefs liegen nicht direkt an der Mauer, sondern sind etwas abgesetzt davor begraben. Jeder hat eine Büste auf seinem Grab. Erstaunlich ist, dass Stalins Büste deutlich größer ist als die anderen. An seinem Grab liegen reichlich Blumen, während bei den anderen Gräbern oft nur einige rote Nelken abgelegt sind.


Ab und zu schaut Hans sich nach Frank und Axel um, aber von den beiden ist nichts zu sehen. Hans verlässt den Roten Platz am südlichen Ende. Also bietet sich der Rückweg durch das GUM an, um zum Treffpunkt zurück zu kehren. Im GUM kauft sich Hans noch eine Tasse mit dem Symbol der 850-Jahr-Feier. Als er aus dem Kaufhaus kommt, wird gerade der Rote Platz freigegeben. Die Absperrgitter werden beiseite geräumt und Menschen strömen auf den Platz. Hans nimmt an, dass jetzt der Zugang zum Mausoleum einfacher sein wird, doch weit gefehlt. Der Platz ist nur für die Öffentlichkeit freigegeben, solange bei Lenin zu ist. Frank und Axel sind enttäuscht, sie haben ihre Sachen abgegeben und dann wurde vor ihrer Nase das Mausoleum geschlossen.

Wir beschließen, uns den Kreml anzusehen. Also holen Frank und Axel erst mal ihre Sachen wieder ab. Die Preise für den Eintritt für die unterschiedlichen Sehenswürdigkeiten im Kreml sind gesalzen. Jede der Kirchen kostet einzeln zwischen 20.000 und 40.000 Rubel. Ein Sammelticket kostet immerhin noch 230.000 Rubel. Also beschränken wir uns auf einen Rundgang im Hof, der kostet gerade 2.000 Rubel. Doch wir stoßen auf ein gerade gelöst geglaubtes Problem. Franks Rucksack ist anscheinend für alles zu groß. Er wird wieder mit dem Hinweis auf die Aufbewahrstelle abgewiesen. Das ist uns nun völlig unklar. Hans ist wieder mit seinem Rucksack drin, andere haben ebenfalls Taschen dabei. Also lässt Axel sich von Frank den Rucksack über eine niedrige Mauer reichen und Frank kann rein kommen. So einfach kann das sein.


Im Kreml geht das strenge Regiment der Aufsichtsbeamten weiter. Fotografieren und filmen ist zwar nicht verboten, aber man darf sich nur auf bestimmten Pfaden bewegen. Sobald man einen Schritt vom vorgezeichneten Pfad abweicht, ertönt die Trillerpfeife eines Ordnungshüters. Nicht nur, dass sie (wegen des Regens) mit Pelerine auf den Straßen stehen und den wenigen Verkehr regeln, als sei dies ein Hauptverkehrspunkt. Einige sind auch in zivil und schließen sich Reisegruppen an. Erst ihre Trillerpfeife verrät sie dann.

Wir gehen noch einmal in den Computerladen, in dessen Schaufenster wir das Apple-Logo gesehen haben. Die haben zwar keine Macs, sind aber hilfsbereit und suchen für uns im Internet nach einen Händler in Moskau. Man wird fündig. Nur liegt die Adresse ziemlich ab vom Schuss.


Weil Hans so gerne in ein Internet-Café gehen würde, um Mails an die daheimgebliebenen zu schreiben, machen wir uns nochmals auf zur VDNCh. In einem Metrowagon hat Hans die Adresse eines Internet-Cafés gesehen. Als wir dort ankommen, ist gerade Betriebsschluss. So ziehen wir unverrichteter Dinge wieder ab.

1997_9_10_Mittwoch Moskau

Der letzte Tag in Moskau ist da. Zu dritt – wieder einmal Hans, Frank und Axel – wollen wir es wagen mit den Motorrädern in das Zentrum zu fahren. Auf halber Strecke machen wir ein Fotostopp an der Moskwa. Im Hintergrund steht mitten im Fluss das große Segelschiff mit Zar Peter der Große.


Vielleicht ergibt sich ja doch noch die Möglichkeit, mit den Mopeds auf den Roten Platz zu kommen?

Wir fahren auch zuerst dort hin. So bekommen Frank und Axel doch noch die Möglichkeit, Lenin zu sehen. Da die beiden in voller Motorradkleidung unterwegs sind, erregen sie bei den Posten reges Interesse. Während Hans draußen wartet, hört er einer russischen Fremdenführerin zu, die einer deutschen Gruppe etwas über die Geschichte des Platzes und der Basilius-Kathedrale erzählt.


Zurück bei den Motorrädern spielen sich nie gesehene Szenen ab. In der Zwischenzeit ist eine Gruppe Japanern aufgetaucht. Sie halten Axel mit seinem Showdampfer für eine Hauptattraktion in der Umgebung des Roten Platzes. Also muss er herhalten für viele Fotos, die inzwischen wohl in zahlreichen japanischen Familienalben abgelegt sind. Hans steht nur staunend daneben.


Frank und Hans überreden Axel, mit ihnen auf die Suche nach dem MacCenter Moskau zu gehen. Nach einer lebhaften Fahrt auf dem mittleren Ring finden wir immerhin schon das Viertel. Allerdings ist hier der Falk-Plan nicht korrekt. Die Straßen tragen inzwischen neue (alt?) Namen und eine eingezeichnete Abfahrt vom mittleren Ring gibt es einfach nicht. Doch dann haben wir es geschafft. Wir klingeln und erklären kurz, wer wir sind und was wir wollen. Und wirklich: der Geschäftsführer händigt uns eine Anzahl des begehrten Aufklebers aus. Für ihn nur eine kleine Geste, für Frank und Hans eine große Sache. Nach Moskau zu fahren, um Apple-Aufkleber zu besorgen. Nicht jeder Leser muss das verstehen.


Inzwischen werden wir hungrig und fahren Richtung Innenstadt. Allerdings haben wir das Problem, dass wir die Mopeds während der Mahlzeit im Auge behalten wollen. Bleibt fast nur das etwas andere Restaurant. Nach einigem Umherirren – einerseits, weil man uns das Halten und Parken verbietet, andererseits, weil alle Straßen eines Viertels auf der gleichen Kreuzung enden, was uns als Fußgänger gar nicht aufgefallen war – finden wir ein McDonalds, bei dem wir draußen sitzen können.

Mit der nötigen Frechheit ergattern wir auch Stellplätze direkt vor dem Lokal.

 

Hier sind unsere Gefährte die Attraktion des Nachmittags. Eine Traube Kinder steht ständig um sie herum, Erwachsene verdrehen sich den Hals.

 

Als wir wieder los wollen, werden wir von einem jungen Mann angesprochen. Auf deutsch! Er stellt sich vor und erklärt, er sei Motorradjournalist. Wir unterhalten uns mit ihm eine Weile und nach dem Austausch von Telefonnummern fahren wir los.

Da morgen Reisetag ist, wollen wir noch tanken. Wir waren vor Tagen schon auf eine Tankstelle in der Nähe des Weißen Hauses aufmerksam geworden, an der man erst voll tanken kann und dann bezahlt. Wir finden ohne große Probleme hin und rollen vor. Axel mit seinem Showdampfer ist natürlich wieder die Attraktion. Also können Frank und Hans in Ruhe tanken. Der Tankwart ist recht mürrisch und bedient Frank zuerst. Dann darf er das Moped von Hans betanken. Da der Tank recht leer ist, wird einiges reingehen. Bei 25 Liter beginnt der Tankwart zu grübeln. Bei 30 Litern wird er munter. Als die Zapfpistole bei 36 Litern abschaltet, wird er hektisch. Hans kommt kaum zum Bezahlen, denn der Tankwart musste sofort einen Kollegen herholen und ihm erzählen, was gerade geschehen war. Als Hans ihm dann noch verdeutlichte, dass der Tank 43 Liter fasst, kann er es nur schwer glauben.


Als wir uns zur Abfahrt bereitmachen, kommen zwei Motorräder angefahren. Eines ist eine K1100RS in schlechtem Zustand. Eine Seitenverkleidung fehlt, verschiedene Teile sind mit Bindfaden zusammengehalten. Das andere ist eine offensichtlich neue Suzuki. Nach einem Blick auf den Kilometerzähler stutzt Hans . „Ja“, sagt der Fahrer, die 7 Kilometer stimmen. Er hat sie gerade aus dem Laden geholt und will das erste Mal tanken. Wie lange wird sein Moped wohl brauchen, bis es in einem Zustand ist wie die BMW seines Freundes?


Wie schnell das gehen kann, sehen wir an der Ausfahrt der Tankstelle. Als wir uns orientieren wollen und überlegen, wohin wir fahren, verlässt ein 850er BMW Copé die Tankstelle. Der Fahrer hat beim zügigen Einbiegen in den fließenden Verkehr nicht an die hohe Bordsteinkante gedacht und verschrammt sich die Heckschürze ziemlich derb. Er steigt nicht einmal aus, um den Schaden zu begutachten.

1997_9_11_Donnerstag Von der neuen in die alte Hauptstadt

Der Tag beginnt sehr früh. Da wir heute wieder mehr als 700 Kilometer fahren wollen, verzichten wir auf das Hotelfrühstück und essen auf dem Zimmer. Gepackt haben wir das meiste schon am Vorabend.


Es ist kalt draußen. Bald geht es los. Wir fahren direkt auf den Autobahnring. Die Stadt liegt zum großen Teil im Nebel. Irgendwann kommt die Abzweigung nach St. Petersburg. Es scheint noch kälter zu werden und bevor Hans richtig friert, zieht er sich noch seine Fleecesachen unter. Dann geht es ihm besser. Sobald wir auf dem freien Land sind, kommt Wind hinzu. Der schlechteste Tag zum Fahren bisher. In einem Dorf, wo kein Mensch auf der Straße ist, machen wir eine kurze Mittagspause im Stehen.

Im laufe des Nachmittags beginnt es zu regnen. Wir wechseln uns in der Führung ab. Als gerade Frank vorne fährt und es so richtig gießt, kommen wir an eine GAI-Station. Wir fahren wohl etwas zu zügig vorbei und reagieren auf das Winken des Posten nicht wie gewünscht. Jedenfalls werden wir einige Kilometer später von einem Polizei-Lada und einem Passat gestoppt. Die Polizisten wollen unsere Papiere sehen und behalten sie bei sich. Wir können sie in der GAI-Station wieder abholen. Also bleibt uns nichts übrig, als mit zurück zu fahren. Jetzt kommt uns Axels weise Voraussicht zugute. In München hat er Kontakt zu einer Gruppe motorradfahrender Polizisten. Und deren Einladung, ihrem Verein beizutreten, hat er ins russische übersetzen lassen. Dieser Zettel rettet uns den Tag, da jetzt die Russen glauben, wir wären deutsche Polizisten. Und eine Krähe hackt ja der anderen kein Auge aus. Nachdem Axel noch ein paar Polizeiabzeichen an den Chef der Russen (der vorhin den zivilen Passat GTI fuhr) verteilt hat, dürfen wir weiterfahren. Erleichtert machen wir uns auf den Weg.

 

Kurz vor St. Petersburg übernimmt Hans die Führung. Hans hat ja das Hostel gebucht und eine Skizze im Stadtplan. Dumm nur, dass wir über eine andere Straße in die Stadt kommen, als er vermutete. Also irren wir erst mal etwas in den Vororten umher, bis wir die Einflugschneise in die Stadt finden. Hier treffen wir auf ein neues Hindernis: Straßenbauarbeiten. In St. Petersburg wird wie wild gebaut und so sind auch die Umgehungen ausgeschildert. Man kommt von einer Umleitung in die andere. Bevor wir noch im Hostel sind, haben wir einen großen Teil der Innenstadt schon mit den Motorrädern erfahren. Uns wird sofort klar, dass St. Petersburg eine ganz andere Stadt ist als Moskau. Dies ist eine gewachsene, eine europäische Stadt mit einem Stadtkern und einem Hafen. Gegen 19 Uhr erreichen wir dann das Hostel.

Leider gibt es hier keine Möglichkeit, die Motorräder sicher abzustellen. Doch der Zufall kommt uns in Gestalt von Svetla und Varery zu Hilfe. Als John unten auf Motorräder und Gepäck aufpasste, während wir drei oben im Hostel eincheckten, hielten die beiden mit ihrem 5er BMW. Valery ist motorradbegeistert, fährt aber selbst nicht. Die Maschinen beeindrucken ihn. Wir schildern unser Problem, die Mopeds sicher aufzubewahren. Valery bot an, sie in seiner Werkstatt abzustellen. Nicht ganz wissend, was da auf uns zu kam, nahmen wir an. Es wurde eine rasante Verfolgungsfahrt durch die halbe Stadt und Valery fuhr mit seinem 5er BMW bei den Ampelkreuzungen, wie ein Motorradfahrer, einfach an den anderen Autoschlangen vor, um als erster bei grün zu starten. Wir hatten Schwierigkeiten da hinterher zu kommen. Plötzlich biegt er in eine Hofeinfahrt mit einem Großen Hoftor ein. Dahinter klefft schon ein Hund. Und nun waren wir angekommen. Im Hof war eine große Garagenreihe zusehen, und als das Garagentor geöffnet wurde, sahen wir an der Innenseite des Tores die vielen deutschen Autokennzeichen, die wie Trophäen angebracht waren. Valery stellte sich als Chef einer Autowerkstatt heraus, in der Unfallwagen aus Westeuropa wieder fahrtüchtig gemacht werden. Untereinander machten wir vier Scherze darüber, ob wir die Mopeds wohl wiedersehen würden. Wir schlossen sie nicht einmal richtig ab. Wenn sie hier geklaut werden sollen, dann passiert es auch.


Bevor Valery uns zum Hostel zurückfuhr, machten wir noch „Abschiedsfotos“ von den Mopeds und versuchten uns die Adresse zu merken. Aber zuvor wurden wir in seinem Büro eingeladen eine Flasche Wodka und starken Kaffe zu trinken. Das war für uns nicht einfach, da wir an dem Tag noch nichts richtiges Gegessen haben. Erst als die Flasche Wodka geleert war, ging es zu sechst, mit Gepäck, in den 5er BMW zurück zum Hostel.


Nachdem wir uns gewaschen hatten, gingen wir noch in die Stadt um etwas zu essen. Doch lange bleiben wir nicht mehr auf den Beinen, der Tag war ziemlich anstrengend.

1997_9_12_Freitag St. Petersburg

Wir begannen mit einem Rundgang in der Stadt. Zunächst wanderten wir den Nevski-Prospekt entlang. St. Petersburg ist wirklich anders als Moskau. Hier gibt es nicht das Vielvölkergemisch, das in Moskau alltäglich ist. Die Autos sind etwas kleiner und es gibt kaum protzige Leibwächterautos. Alles etwas kleiner, netter, familiärer. Man sieht, dass in St. Petersburg wesentlich weniger Geld zuhause ist als in Moskau. Hier sind die Straßen und Gebäude in schlechterem Zustand, auch wenn an vielen Stellen gebaut und renoviert wird.

Nach einiger Zeit trennen wir uns, Frank und John wollen eine Bootsfahrt durch die Kanäle machen. Axel und Hans machen sich gemeinsam auf den Weg zu einer der Inseln in der Neva. Dort wollen sie sich die Peter-und-Pauls-Festung ansehen.

Auf dem Rückweg in die Stadt sehen sie sich noch den Panzerkreuzer Aurora an, der angeblich den „Startschuss“ zur Oktoberrevulotion gegeben haben soll.


Um rechtzeitig zur Verabredung wieder zurück zu sein, fahren wir mit der Metro unter der Neva durch. Die Rolltreppen sind hier noch deutlich länger als in Moskau oder in London. Manche Station liegt 100 Meter unter dem Straßenniveau.


Pünktlich tauchen Valery und Svetla auf. Zuerst fahren wir zur Werkstatt, wo wir ein zweites Auto abholen wollen. Sechs Personen in einem Fahrzeug ist ein wenig eng.


Wir schauen nach unseren Mopeds und finden sie unversehrt.


Die Werkstatt ist bevölkert von Monteuren, die alle Hände voll zu tun haben. Einige interessieren sich stark für die Motorräder und so gibt es reichlich Gesprächsstoff über Technik und Reisen.

Als der zweite Wagen endlich zur Verfügung steht, geht es los. Doch schon bald zeigt sich, dass Frank mit dem kranken 190er Benz nicht zurechtkommt. Also fährt Valery mit Svetla im 190er und wir vier sitzen im 5er BMW. Nobel, nobel. Valery fährt voraus und Frank bemüht sich, dran zu bleiben. Bald hat er sich aklimatisiert und drängelt wie ein Russe. Die Fahrt geht erst auf verschlungenen Wegen durch die Stadt und dann nach Petershof, einer Sommerresidenz der Zaren südwestlich der Stadt.


Vor dem Einlass kaufen unsere russischen Freunde die günstigen Eintrittskarten für Einheimische.

Wir sollen vor dem Kartenhäuschen nicht als ausländische Touristen auffallen, und nicht deutsch reden. Es hat geklappt, wir kommen alle als Einheimische hinein.

Das Schloss liegt oberhalb der Bucht, ein künstlicher Wasserlauf beginnt unterhalb der Terrasse als Springbrunnen und fließt in Stufen geradeaus in die Ostsee.

Petershof ist bekannt für seine Wasserspiele und ein beliebter Ausflugsort der Petersburger Bevölkerung.

 

Die Rückfahrt gestaltet sich wieder einmal chaotisch. Valery scheint eine ganz eigene Art der Orientierung entwickelt zu haben. Wie sie funktioniert, blieb uns verborgen. Als wir noch bei einer Freundin von Svetla vorfahren, um sie vielleicht mit zum Essen zu nehmen, werden wir noch fast verhaftet. Im Nachbarhaus findet wohl gerade eine Razzia statt.

Svetla begleitet Hans noch in eine nahegelegene Apotheke. Die Fahrt in der Kälte fordert ihren Tribut. Hans hat Halsschmerzen und Schluckbeschwerden. In der Apotheke kauft er Lutschtabletten Marke „Natur Produkt“. Svetla's Freundin ist nicht da und so fahren wir zum Lieblingsrestaurant von Valery und Svetla.

Das „Europa“ ist ein äußerlich unscheinbares Restaurant. Es liegt im Kellergeschoss eines Hauses, bei dem man normalerweise nicht klingeln würde, um etwas zu essen zu bekommen. Unsere Gastgeber sind hier bekannt, Valery braucht nicht zu bestellen, die Bedienung weiß, was er will.

Wir sind überrascht von der Reichhaltigkeit und der Qualität der gebotenen Speisen. Der Service ist der beste, den wir in Russland gefunden haben. Die Preise sind eher durchschnittlich. Kurz: das Restaurant ist uneingeschränkt zu empfehlen.

1997_9_13_Samstag St. Petersburg

Der Samstag wird ein ruhiger Tag.

Hans schmerzt immer noch der Hals und auch Axel fühlt sich nicht wohl. Gemeinsam machen wir uns auf den Weg, eine Apotheke zu finden. Im Moskauer Bahnhof werden wir fündig. Wir laufen noch ein wenig in der Stadt herum und schauen uns die Angebote der Geschäfte an.

In einem Kellerlokal essen wir zu Mittag. Am Nachmittag unternimmt jeder etwas auf eigene Faust.

 

Hans wandert nochmals durch die Stadt und geht dann in das Internet-Café „Tetris“, dessen Adressen er schon zuhause besorgt hatte. Von hier verschickt er einige Mails an Freunde. Er fand es etwas seltsam, auf einer gemischt englisch-/kyrillisch-belegten Tastatur zu tippen.

Axel schwingt sich auf sein Moped und fährt durch die Stadt. Frank will in der Stadt fotografieren und trifft Axel mit einer Begleiterin vor der Eremitage. Die Begleiterin ist die am Vorabend nicht angetroffene Freundin von Svetla. Später sieht Frank in einem Park, wie ein junger Bär seinem Herrn ausreißt und wieder eingefangen wird.

1997_9_14_Sonntag Zurück auf die andere Seite – und doch wo ganz anders

Wieder Reisetag. Verabredungsgemäß holt uns Valery morgens ab, damit wir die Mopeds holen können. Er führt uns noch zu einer Tankstelle, wo wir volltanken. Nachdem wir unser Gepäck auf den Mopeds verstaut haben, fahren Valery und Svetla noch voraus, um uns aus der großen Stadt zu lotsen, es gibt mehrere Straßen Richtung Vyborg. Hinter St. Petersburg beginnt Karelien. Es ist eine ruhige Landschaft. Oft führt die Straße durch Wälder. Menschen, die Pilze und Beeren suchen, haben ihre Fahrzeuge am Straßenrand abgestellt. Das Wetter ist trocken, aber es ist recht windig. An schwierigsten werden die Bedingungen in Vyborg. Hier müssen wir auf einer schmalen Brücke einen Meeresarm überqueren. Wir werden fast von der Brücke geweht und fahren ständig in Schräglage. Die Straße von Vyborg bis zur finnischen Grenze ist recht ruhig. Es gibt kaum Pkw-Verkehr.

Nach dem Unwetter geht es weiter.


Kurz vor der Grenze verbrauchen wir unsere restlichen Rubel für ein paar Tassen Kaffee. Schon weit vor der Grenze kommt der erste Kontrollposten. Wer diese Straße benutzt, kann eigentlich nur die Grenze als Ziel haben. Eine halbe Stunde später treffen wir auf den zweiten Posten. Hier werden unsere Papiere geprüft und man scheint uns erwartet zu haben.


Wir sind nicht sicher, ob dies jetzt schon die „richtige“ Grenze war.


Doch die kommt erst weitere 20 Kilometer später. Hier gibt es eine moderne Kontrollstation. Jetzt stellt sich heraus, ob wir bei der Einreise nach Weißrussland die richtige Anzahl Stempel mitgenommen haben. Nach einer Viertelstunde ist alles vorbei und wir rollen in das Niemandsland.


Auf Wiedersehen, Russland!


Bald kommen wir an die finnische Grenzstation. Hier ist alles recht undramatisch, immerhin ist Finnland jetzt Mitglied der EU.

Wir möchten bald etwas essen. Und wir brauchen finnisches Geld.

Doch es ist Sonntag, keine Chance auf eine Bank. Unseren ersten Halt in Finnland machen wir an einer Raststätte.

Dort bekommen wir gegen Kreditkarte etwas zu essen und können abwarten, bis ein gewaltiger Regenschauer vorbei ist.

Die restliche Fahrt nach Helsinki gestaltet sich recht durchschnittlich. 

Am Ortseingang kauft Hans einen Stadtplan und John bringt uns zum Hostel.


Der freundliche Nachbar gestattet uns, die Motorräder im Hof abzustellen.


Das Abendessen nehmen wir in einem exotischen Restaurant gleich neben dem Hostel, nachdem wir in einigen anderen Restaurants mangels Reservierung oder weil sie schlicht geschlossen waren, abblitzten.

Teuer, teuer, dieses Finnland.

1997_9_15_Montag Helsinki

Am Montag sehen wir uns Helsinki an. Das Wetter ist prima, sonnig mit etwas zu viel Wind. Das Stadtzentrum Helsinkis ist nicht sehr groß, und so finden wir schnell wieder zum Ausgangspunkt zurück.

Keine Ahnung, warum niemand auf Axel achtet.


Das ist die Markthalle am Hafen, in der es frische Lebensmittel und – endlich – Souvenirs – gibt.

In Russland hatten wir kaum eine Chance, Aufkleber für unsere Alukisten zu bekommen. Hier gibt es Aufkleber in vielen Variationen. Besonders gut kommt bei uns der trabende Elch an, der sonst nur auf Verkehrsschildern zu finden ist. Frank und John kleben sich sogar einen hinten auf den Helm.


In Sichtweite der Markthalle befindet sich eine komplett aus rotem Backstein gebaute russisch-orthodoxe Kirche, die wir uns ansehen. Ein Spaziergang im Hafen rundet das touristische Programm in der unspektakulären Hauptstadt ab. Die Warhol-Ausstellung ist am Montag geschlossen, aber morgen ist auch noch ein Tag.

1997_9_16_Dienstag Helsinki, Fähre Stockholm

Wir vier wollen uns voll der Kultur hingeben, und gehen somit zur Warhol-Ausstellung. Die uns alle enttäuscht. Irgendwie hatten wir uns das größer und interessanter vorgestellt.


Da noch reichlich Zeit bis zur Abfahrt der Fähre ist, tun sich Axel und John zusammen und unternehmen eine Hafenrundfahrt. Hans und Frank vertreiben sich die Zeit mit einem Spaziergang.

Sie wandern durch die südlichen Teile Helsinkis und finden einen netten Park fast direkt am Meer.


Dann heißt es zurück ins Hostel und die Sachen packen.

Zunächst fahren wir zum Marktplatz, um noch einige Dokumentaraufnahmen von vier Motorradreisenden in Helsinki zu machen. Die Aufnahmen sehen später ziemlich dämlich aus, genauso wie wir uns gefühlt haben.

Erst fahren noch eine kleine Ehrenrunde im Hafenbereich und danach warten wir noch einige Zeit vor der Fähre und schauen beim Beladen zu.

Viel auf engem Raum unterzubringen ist man als Motorradreisender gewohnt.


Trotzdem fällt es uns nicht leicht, alles Nötige in der kleinen 4-Bett-Kabine auf der Fähre unterzubringen.


Doch wir schaffen es sogar noch, Karten zu spielen.


Das Essen in einem der Bordrestaurants entschädigt für die beengten Platzverhätnisse in der Kabine.

1997_9_17_Mittwoch Von Stockholm nach Torrekulla

Nach einer windigen Überfahrt, die trotzdem recht ruhig verlief, kommen wir bei leichtem Regen in Stockholm an. Zunächst genehmigen wir uns einen Kaffee an einer Raststätte.

Dann geht es auf die Schnellstraße und schließlich auf die Autobahn. Einfach die Straße entlang. Langweilig. Aber das Wetter bessert sich und es wird sonnig. Der Wind bleibt. Irgendwann am Nachmittag machen wir Station in einem typisch amerikanischen Restaurant.

Was ist eigentlich typisch schwedisch?


Das kommt dann ein paar Stunden später.

Wir haben Lust auf eine Pause und vielleicht eine Tasse Kaffee. Ein Schild an der Straße verheißt genau das ein paar hundert Meter weiter.


Also biegen wir ab. Ganz zum Leidwesen von Axel, denn wir landen auf einer Schotterpiste.

Nix für Musikdampfer hier. Doch er hält tapfer durch und kommt heile an. Als wir das Haus betreten, sieht es gar nicht nach einem Café aus. Ist es auch nicht, erklärt der Geschäftsführer.


Dies ist ein Küchenstudio!


Aber es gibt selbstgebackenen Kuchen, Kaffee und alles nötige stehen bereit, also hereinspaziert.

Nun gut, der Kuchen ist in Ordnung, der Kaffee auch. Gezahlt wird in ein bereitgestelltes Körbchen, wie alles in Selbstbedienung. Etwas später bekommen wir noch Gelegenheit, die schon eckig gefahrenen Reifen wieder etwas abzurunden.


Viel zu kurz ist die Strecke durch ein Waldgebiet mit einer sich zwischen Seen und Hügeln durchschlängelnden Straße. Es ist wenig Verkehr dort und so können wir ein einziges Mal auf dieser Tour einfach nur „mopedfahren“.

Das Hostel Torrekulla, wo wir die nächste Nacht verbringen werden.

Trotz der mit der Reservierungsbestätigung zugeschickten Anfahrtsskizze tut sich Hans recht schwer, das Hostel in Torrekulla zu finden.

Die Skizze hat nämlich keinen Maßstab und so hat er die Entfernung falsch eingeschätzt.

Mit der Hilfe eines Tankwarts, der sehr gut deutsch spricht, finden wir jedoch hin.


Auch im Hostel werden wir auf deutsch begrüßt, für uns ein wenig verwunderlich. Wir haben ein großes Zimmer für uns. Ebenso die Küche, es ist fast nichts los im Hostel. Die Saison ist wohl vorbei.

1997_9_18_Donnerstag In der Stadt und über das Wasser: Fähre Göteborg - Kiel

Mit allem Gepäck machen wir uns am Morgen wieder auf. Um die Zeit bis zur Abfahrt der Fähre zu überbrücken, wollen wir uns Göteborg ansehen. Leider macht es uns die Stadt nicht leicht. Diverse Schilder zeigen in ebensoviele Richtungen und auf allen steht „Centrum“.


Also stellen wir erstmal die Mopeds ab und laufen. Wir finden dann auch so etwas wie ein Zentrum und ein sehr gutes Café. Milchkaffees und Cappuccinos enormer Größe und der gute Kuchen lassen uns die Wartezeit angenehm erscheinen.

Allerdings trüben die anwesenden Tauben den ungestörten Genuss. So freche und dreiste Viecher hatte noch keiner von uns erlebt. Ohne Umschweife landeten die Vögel auf den Tisch und wollten gleich an die Kuchen gehen. Die Menge der Tiere drängte Erinnerungen an Alfred Hitchcock's Meisterwerk „Die Vögel“ geradezu auf.


Am späten Nachmittag geht es dann auf die Fähre. Die Kabine ist so geräumig wie die ein paar Tage und eine Fähre vorher. Dafür ist aber auch das Essen ähnlich gut wie auf der vorigen Fähre.

Heute Abend haben wir uns für das Büffet entschieden und futtern uns einmal quer durch.

Noch ein Foto im Hafen von Göteborg, bevor es auf die nächste Fähre nach Kiel geht.

Unser zugewiesener Stellplatz auf der Fähre.

1997_9_19_Freitag Heimkehr auf bekannten Pfaden

Der Morgen bringt für Hans etwas besonderes. Er hat früher in Kiel gewohnt und nun kommt er erstmals von See her auf die Stadt zu. Es ist tolles Wetter, sonnig, nicht zu kalt und kaum windig.

Es dauert eine Weile bis wir von der Fähre runter sind.

Aber wir wollen nicht weit, nur bis in die Holstenstraße.

Dort wollen wir ein letztes gemeinsames Frühstück nehmen. Wir kehren im Luzifer ein, dass sich auf die Fahrgäste eingerichtet hat und auf der Fähre Werbung macht.

Nach der Mahlzeit füllen wir noch alle unsere Tanks. Eine freundliche Frau macht an der Tankstelle noch ein letztes gemeinsames Foto von uns vieren.

Das war auf der gesamten Reise auch das einzige, wo wir alle vier gemeinsam drauf zu sehen sind. Sonst war immer einer von uns der Fotograf, der dann natürlich auf dem Bild fehlte.


John fährt direkt auf die Autobahn und ist weg. Hans bringt Axel und Frank noch zur B4 Richtung Süden, dann fährt er auch auf die Autobahn. So fährt jeder alleine in Richtung seiner Heimat.


Axel fährt nach Calbe zu seinen Eltern.


Hans hat nach Karlsruhe die weiteste Strecke vor sich.

Abends um 19 Uhr steht er vor seiner Haustür, ist müde und es beginnt zu regnen.